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Zwei Welten auf Tuchfühlung

Die althergebrachte Abgrenzung von Nutzungsarten gilt nicht mehr: Büros sehen teilweise aus wie Hotels, während immer mehr Hotels Büroarbeitsplätze anbieten. Für diese gegenseitige Annäherung von Hotel- und Büroimmobilien gibt es gute Gründe.

Zwei Welten auf Tuchfühlung

Die althergebrachte Abgrenzung von Nutzungsarten gilt nicht mehr: Büros sehen teilweise aus wie Hotels, während immer mehr Hotels Büroarbeitsplätze anbieten. Für diese gegenseitige Annäherung von Hotel- und Büroimmobilien gibt es gute Gründe.

Wer im Ruby Emma Hotel in Amsterdam eincheckt, kann nicht nur in einem der 291 Zimmer übernachten, sondern hat auch die Möglichkeit, im selben Gebäude einen Büroarbeitsplatz zu beziehen. Denn auf 800 Quadratmeter Fläche auf drei Etagen stehen 138 Arbeitsplätze sowie mehrere Meetingräume zur Verfügung. Ruby Workspaces hat die Münchner Hotelgruppe ihr Büroangebot getauft, das es bereits an sieben Standorten gibt und das laut Fabian Zellinger, Director Corporate Development, New Ventures & Workspaces bei Ruby, „eine inspirierende New-Work-Atmosphäre mit hochwertigem Design“ bietet.

Dass eine Hotelkette wie Ruby in das Bürosegment vorstößt, macht deutlich, wie sehr sich die beiden Assetklassen Hotel und Büro verzahnen. „Der Trend geht dahin, dass sich die Nutzungsarten vermischen“, stellt Alexander Lackner fest, Managing Partner der Investment-Plattform Neworld, die an mehreren Gesellschaften für Betreiberimmobilien beteiligt ist. „Die Bedürfnisse der Nutzer“, begründet dies Lackner, „verändern sich in der Weise, dass Büro-, Hotel- und auch Wohnimmobilien sich einander angleichen – insbesondere in den Metropolen.“ Ruby betreibt in Europa 17 Hotels und sechs Workspaces.

Eine New-Work-Atmosphäre wie im Ruby Carl Workspace in Düsseldorf gehört zum Markenzeichen.
Im Ruby Emma Hotel in Amsterdam werden die beiden erfolgreichen Produkte an einem Standort kombiniert.

    Auch Union Investment reagiert auf diesen Trend. Ende 2023 hat der Hamburger Investmentmanager seine bisherigen Einheiten Asset Management Overseas und Asset Management Hospitality im neu geschaffenen Bereich Asset Management Intercontinental gebündelt. Dieser deckt die Nutzungsarten Hotel und außerhalb Europas auch die Nutzungsarten Büro, Logistik und Einzelhandel ab und steht unter Leitung des zuvor für den Hospi­tality-Bereich zuständigen Martin Schaller.

    Die Veränderungen der Arbeitswelt wirken als Treiber

    Besonders augenfällig sind die veränderten Nutzerbedürfnisse bei den Bürobeschäftigten. Die Zeiten, in denen Mitarbeiter Tag für Tag klaglos ihre karg eingerichteten Zellenbüros aufsuchten, sind spätestens seit der Corona-Pandemie vorbei. Gemäß einer Untersuchung der international tätigen Immobilienberatungsgesellschaft JLL arbeiten Bürobeschäftigte europaweit im Durchschnitt an zwei bis drei Tagen pro Woche außerhalb des eigentlichen Büros – oft im Homeoffice, aber auch an anderen Orten (sogenannten Third Places). „Das Unternehmensbüro“, sagt deshalb Jan-Niklas Rotberg, Head of Office Agency Germany bei der Beratungsgesellschaft Savills, „hat sein Monopol als Ort für Schreibtischarbeit verloren und muss sich künftig im Wettbewerb mit anderen Orten behaupten.“

    Der Autor: Christian Hunziker

    Datum: März 2024

    Inhaltsübersicht

    Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Gestaltung von Büroflächen. Büros müssten heutzutage eine Anziehungskraft wie Restaurants haben, sagt Aissatou Frisch-Baldé, die bei Engel & Völkers Commercial das Bürovermietungsgeschäft in Berlin betreut. Die Mitarbeiter eines Unternehmens müssten das Gefühl haben: „Wow, hier möchte ich reingehen, zumindest an zwei bis drei Tagen pro Woche, hier fühle ich mich wohl!“ Diese Einschätzung bestätigt Alexander Lackner von Neworld: Insbesondere junge Menschen erwarteten ein Arbeitsumfeld mit einem attraktiven Design. „Diese Generation“, so der Experte, „will dort arbeiten, wo eine gewisse Service-Komponente vorhanden ist.“ Die Folge: Zeitgemäß gestaltete Büroflächen sind oft nur noch schwer von der Lobby moderner Hotels zu unterscheiden.

      Immer mehr Hotels bieten ihren Gästen Coworking-Flächen an

      Das gilt aber auch umgekehrt, wie Tina Froböse feststellt. „Der Trend zu Remote Working wirkt sich auch auf Hotels aus“, sagt die geschäftsführende Gesellschafterin der Düsseldorfer Beratungsgesellschaft Select Hotel Consulting. Früher, blickt Froböse zurück, hätten Geschäftsreisende am Schreibtisch in ihrem Hotelzimmer gearbeitet. „Weil heute alle Unterlagen auf dem Laptop sind, ist es attraktiver geworden, in der Lobby zu arbeiten und dort auch gleich noch den Vibe der Stadt zu spüren.“

      Im Design Office Köln Dominium mit Flächen für Coworking, Office, Meetings und Conferences sind einige der zeitgemäß gestalteten Büroflächen nur noch schwer von der Lobby moderner Hotels zu unterscheiden.

        Zwar ist die Kombination von Hotel und großzügigen Büroflächen, wie sie die Ruby-Gruppe unter anderem in Amsterdam realisiert hat, noch die Ausnahme. Viele Hotels haben aber in ihre Lobby-Zonen Coworking Spaces integriert, deren ambitionierte Gestaltung problemlos mit den Flächen der großen Anbieter von Flexible Workspaces mithält. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Kette Me and All, die zum deutschen Unternehmen Lindner Hotels gehört, wirbt mit ihren Hotellobbys, die sie als „Verschmelzung von Check-in, Bar, Lounge und Coworking-Cornern“ beschreibt. Doch nicht jeder Job lässt sich gut in der Hotellobby mit hohem Geräusch­pegel erledigen. „Der digitale Vertrieb von Zeitkontingenten in Workspaces und Hotelzimmern oder Tagungsräumen als temporäres Büro oder Meeting-Raum mit den eigenen vier Wänden steckt noch in den Kinderschuhen“, sagt Martin Schaller von Union Investment. „Im Bereich der OTAs (Online Travel Agencies) gibt es hier erste spannende Ansätze wie ­byhours.com oder dayuse.com, die den Vertrieb erleichtern und so die Flächenprofitabilität einer Immobilie steigern können.“

        Trend Workation: wenn das Ferienhotel zum Arbeitsort wird

        Sogar bei Ferienhotels ist die Annäherung zwischen Hotellerie und Büroarbeitsplätzen zu beobachten. Während der Corona-Pandemie startete beispielsweise die Hotelkette Tui ihr Workation-Angebot: An ausgewählten Standorten in Urlaubsregionen bietet sie Menschen, die ortsunabhängig arbeiten, besondere Konditionen für längere Aufenthalte. Doch die wachsende Nachfrage nach Workation – einer Wortschöpfung, die sich aus Work und Vacation zusammensetzt – führt auch zu ganz neuen Projekten. So hat in der Müritz, einer Urlaubsregion im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, 2022 der geschichtsträchtige Gutshof Woldzegarten mit einem neuen Konzept eröffnet, das Hotelzimmer mit Restaurant, Wellness­bereich und Coworking-Flächen verbindet. Hinter dem Vorhaben stehen der international bekannte Berliner Flex-Office-Pionier St. Oberholz und die Projektentwicklungsgesellschaft Copro.

        Ähnliche Gedanken macht sich Alexander Lackner, dessen Gesellschaft Neworld am Unternehmen Avec Eco Retreats beteiligt ist. Dieses sieht laut Lackner eine Kombination von Arbeit und Hospitality vor. „Wir prüfen deshalb in der DACH-Region Standorte mit hohem Erholungswert, an denen jeweils 20 bis 40 Tiny Houses entstehen können“, sagt der Neworld-Chef. Diese kleinen Ferienhäuser richten sich demnach an „Menschen, die für einige Wochen an einem Ort arbeiten können und wollen, wo sie Kraft tanken“.

        Lackner sieht dafür einen großen Markt und ist überzeugt, damit „ein institutionelles Produkt“ zu schaffen. Skeptischer in Bezug auf das Potenzial von Workation ist die Hotelberaterin Tina Froböse: Sie vermutet, dass solche Konzepte in Europa allein schon aufgrund der hohen Übernachtungskosten eine Nische bleiben dürften. •

          Die Marke Me and All wirbt mit ihren multifunktionalen Hotellobbys, in denen neben Check-in und Bar auch Angebote wie Meetingpoint, Chill-out-Zone, Eventspace und Coworking Area einen Platz finden.
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