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Klimarendite fürs Büro

Risiken reduzieren und Ressourcen schonen: So bleiben Immobilien für Nutzer attraktiv und wertbeständig. Beispiele für innovative Lösungen gibt es schon.

Klimarendite fürs Büro

Risiken reduzieren und Ressourcen schonen: So bleiben Immobilien für Nutzer attraktiv und wertbeständig. Beispiele für innovative Lösungen gibt es schon.

Die Lage war gut – das Gebäude jedoch ein Abrisskandidat: Ein Viergeschosser in der Parkstadt Schwabing in München aus den 1970er-Jahren, nach heutigen Ansprüchen dysfunktional. Und doch entschied sich der ­Eigentümer,­ der Deutsche Alpenverein (DAV), für eine Sanierung – samt Aufstockung, Anbau und Begrünung. Das war nicht nur ­ökologisch wertvoller als Abriss und Ersatzbau. „Wir haben beide Optionen geprüft“, sagt Robert Kolbitsch, zuständiger Ressort­leiter beim DAV. „Die Sanierung war deutlich günstiger.“ 

Auch weil der Bauherr Mut zu innovativen Lösungen bewies. Statt eine Klimaanlage einzubauen, entwickelten das Architekturbüro Element A und der Energietechnik-Spezialist Transsolar ein natürliches Belüftungskonzept unter Ausnutzung der Nachtkühle. Nicht nur die Mitarbeiter der DAV-Bundesgeschäftsstelle kommen damit gut klar, sondern auch die externen Mieter, die die Hälfte der Bürofläche belegen. „Wir konnten uns vor Anfragen kaum retten“, sagt Kolbitsch. Während in den Bürotürmen der Nachbarschaft zahlreiche Büros leer stehen, ist das DAV-Gebäude vollvermietet.

Bestandserhalt statt Neubau, Lowtech statt Hightech: Das DAV-Gebäude ist ein Musterbeispiel für ressourcenschonende Lösungen – interessant nicht nur für engagierte private Bauherren, sondern zunehmend auch für professionelle Investoren und Bestandshalter. Schließlich geht es darum, Portfolios so anzupassen, dass sie langfristig wertbeständig sind, Stichwort Klimaresilienz. Ein Teil der Aufgabe besteht darin, Klimarisiken für Neu- und Altbauten rechtzeitig zu identifizieren und diese so zu ertüchtigen, dass ihre Nutzung durch Extremwetterereignisse möglichst wenig beeinträchtigt wird.

Die Autorin: Christine Mattauch

Datum: September 2024

Inhaltsübersicht

Die Bundesgeschäftsstelle des Deutschen Alpenvereins (DAV) in der Parkstadt Schwabing in München vor dem Umbau und nach der Erweiterung und Aufstockung in Holzbauweise. Statt der üblichen Hightech-Lösung wurde ein Lüftungskonzept umgesetzt, das passiv kühlt.

Vorher
Nachher

Lowtech statt Hightech begünstigt ressourcenschonende Lösungen

Klimaresilienz bedeutet aber auch ­Dekarbonisierung und Ressourcenschutz, nicht zuletzt mit Blick auf die Nachfrage. Das Verständnis potenzieller Mieter von Qualitätssuche habe sich erweitert, analysiert die Immobilienberatung JLL in der Studie „Der ökologische Wendepunkt“: „Anspruchsvolle Nutzer suchen nach Räumen, die ihren Klimaschutzverpflichtungen gerecht werden.“ Schon jetzt gebe es in internationalen Topstädten wie London, Paris oder New York eine Angebotslücke an CO2-armen Büros. Bis 2030 könnten über 70 Prozent des Bedarfs nicht gedeckt werden.

„Die Immobilienwirtschaft müsste uns eigentlich die Bude einrennen“, findet Christian Taufenbach, verantwortlicher Architekt für das DAV-Hauptquartier in München. Bestandserhalt und Lowtech-Lösungen wie natürliche Belüftung, Verschattungs- und innovative Begrünungskonzepte seien „bei sehr vielen Bürogebäuden machbar“ – und in der Regel günstiger als eine ausgeklügelte Haustechnik, die störanfällig ist und viel Energie verbraucht.

Das Problem: Noch sind solche Projekte eine Ausnahme – und die technischen Lösungen kein Standard, sondern für das jeweilige Gebäude maßgeschneidert. „Vielen Entwicklern ist der Track Record noch zu dünn, um in solche Produkte zu investieren“, weiß Jan von Mallinckrodt, Head of Sustainability bei der Union Investment Real Estate GmbH.

Auch Planer und Bauämter müssen sich oft erst an unkonventionelle Lösungen gewöhnen. Doch die Akzeptanz wächst. Beim Hamburger Transformationsprojekt Wandsbek Markt konnte Union Investment durchsetzen, dass der für den Abriss vorgesehene Teil einer früheren Kaufhausimmobilie erhalten bleibt. Rund 5.000 Tonnen CO2 werden so eingespart, überdies verkürzt sich die Zeit für den geplanten Umbau um ein Jahr. Beim Bürogebäude L’Orangerie in Lyon, einem Projekt des französischen Entwicklers OGIC, konnten die Architekten sogar auf eine Wärmedämmung verzichten – die dreigeschossige Holz-Lehm-Konstruktion reguliert das Raumklima nahezu perfekt, auch im Sommer.

Klimarisikoanalysen von Gebäuden werden selbstverständlicher

Oder das denkmalgeschützte Maschinenhaus Schwabing, das der Starnberger Entwickler Ehret + Klein zu Großraum- und Loftbüros umgestaltet, indem er eine frei stehende Konstruktion in der riesigen Halle platziert. Die offene Struktur ermöglicht ein Klimakonzept mit Kamin­effekt und natürlicher Querlüftung. Mit Lowtech-Wohnprojekten wie dem Silberado oder dem Friedel Areal wiederum hat sich der Stuttgarter Entwickler Archy Nova einen Namen gemacht, in Kürze folgt das We-House Baakenhafen mit 80 Wohnungen in der Hamburger Hafencity. „Wir versuchen alles, was nicht notwendig ist, wegzulassen: Technik, Leitungen, Kabel, Zähler und zum Beispiel auch Wasserleitungen im Boden“, sagt Geschäftsführer Gerd Hansen.

 

Das Maschinenhaus in Schwabing im ­Norden von München vor dem Umbau und danach. Dank des Lowtech-Ansatzes von Ehret + Klein wird auf ­komplexe technische und wartungsintensive Lösungen verzichtet.

Vorher

 

 

Auch für ökologische Projekte wird eine Risikoanalyse immer wichtiger: Wie gefährdet ist ein Standort durch Extremwetterereignisse wie Hochwasser, Hagel, Hitze und Sturm? Dabei gehe es nicht nur um gegenwärtige Klimagefahren, sagt Jürgen Utz, Head of Sustainability bei der List Gruppe, einem Immobilienunternehmen mit Hauptsitz in Nordhorn: „Besonders relevant sind die zukünftigen Veränderungen durch den Klimawandel.“ Anhand von Szenarien lassen sich Risiken und Schwachstellen einer Immobilie bewerten. Bei Unternehmen wie der List Gruppe gehört die Klimarisikoanalyse auf Basis eines 3-D-Modells zum Leistungsspektrum. Daraus lassen sich Empfehlungen ableiten, wie Fassadenverstärkung, Anlage eines Gründachs, Flutschutztore oder Verlegung der Haustechnik. 

Die Balance zwischen Prävention, Rendite und langfristiger Wertentwicklung ist dabei für Bestandshalter nicht unkompliziert: Einerseits müssen – bei allem Bemühen um Klimaresilienz – Ressourceneinsatz und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Andererseits droht bei Attentismus Wertverlust. „Mit Maßnahmen erst einmal noch zu warten und so zu riskieren, dass eine Immobilie nicht mehr anpassbar und nutzbar ist, ist keine wirklich schlaue Strategie“, sagt Utz.

Für taxonomiekonforme Bestände ist eine Klimarisikoanalyse schon heute ein Muss – und deshalb für große institutionelle Investoren selbstverständlich. Union Investment nutzt dafür Klimadaten von Munich RE; ein Ampelsystem signalisiert dem hauseigenen Asset Management die Dringlichkeit von Anpassungsmaßnahmen. Auch nicht taxonomiekonforme Objekte werden im Rahmen eines monatlichen Fonds-­Risikoberichts bewertet.

Höhere Klimaresilienz hat sich in der Nachfrage noch nicht etabliert

Versicherer und Banken, die grüne Kredite vergeben möchten, treiben die Entwicklung zugunsten einer höheren Klimaresilienz voran. Timm Sassen, mit seiner Essener Greyfield Group ein Vorreiter beim Bauen im Bestand, sieht den Hebel aber auch bei den Nachfragern. Nicht alle Nutzer sind schon gegenüber Klimaschutz und Lowtech-Konzepten aufgeschlossen, viele wollen auf eine Klimatisierung revitalisierter 1950er- oder 1960er-Jahre-Bauten nicht verzichten, „auch wenn wir versuchen, es ihnen auszureden“. Die Nachhaltigkeitsanforderungen von Konzernen orientierten sich zu sehr an Standards und Zertifizierungen – und zu wenig an den Möglichkeiten des individuellen Projekts.•

 

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