Branchen-Leitlinien geben Orientierung
Zum Thema Nachhaltigkeit bei Immobilien scheint alles gesagt. Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich: das Thema ist komplex. Vor allem dann, wenn der Blick von der einzelnen Immobilie auf das Portfolio wandert – oder mehr noch: auf die Ebene des Unternehmens, das die Immobilien hält. Die wichtigste aber auch schwierigste Aufgabe ist die Erfassung und Bewertung von Nachhaltigkeitskennzahlen.
Regulierung und energetische Anforderungen an Neubau und Bestand nehmen zu
Viele Immobilien-Fondsgesellschaften stehen bei der Aufgabe, diese Kennzahlen für ihre Portfolios umfassend zu erheben, noch am Anfang. Deshalb haben die im deutschen Fondsverband BVI (Bundesverband Investment und Asset Management e.V.) organisierten Immobilien-Fondsgesellschaften 2016 spezielle Leitlinien für ein nachhaltiges Portfoliomanagement verabschiedet. Diese Leitlinien berücksichtigen ökonomische, ökologische und soziale, Belange auf Portfolioebene. Die Fondsbranche ist sich dabei der Verantwortung bewusst, dass die Leitlinien weder bestimmte Anbieter oder Produkte bevorzugen, noch künftige Anbieter ausgrenzen dürfen. Ziel ist vielmehr, die Verfahren zur Beurteilung von Immobilienportfolios nachvollziehen und vergleichen zu können.
Im Auftrag der Anleger
Immobilien-Fondsgesellschaften verwalten die Fonds als Treuhänder im ausschließlichen Interesse ihrer Anleger. Anleger haben bei der Wahl eines Immobilienfonds vielfältige Bedürfnisse, die von ihren individuellen Wertvorstellungen und Anlagezielen geprägt sind. Regelmäßig stehen dabei Kapitalerhalt und langfristige Erträge im Vordergrund. Daher sind wirtschaftliche Aspekte die entscheidende Einflussgröße beim nachhaltigen Handeln von Immobilien-Fondsgesellschaften.
Mit den Leitlinien gibt es erstmals Handlungsempfehlungen für die Nachhaltigkeitsbetrachtung auf Portfolioebene. Als Grundlage für die Portfolioanalyse dienen die folgenden Nachhaltigkeitsmessgrößen:
- übergeordnete Nachhaltigkeitsstrategien festlegen
Um Nachhaltigkeit als zusätzliche Steuerungsgröße in das Portfoliomanagement zu integrieren, legen Immobilien-Fondsgesellschaften eine klar definierte Nachhaltigkeitsstrategie für ihre Portfolios fest und wählen die für die Strategieumsetzung relevanten Steuerungsgrößen auf Objekt- und Portfolioebene aus. Sie implementieren die notwendigen Prozesse zur operativen Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie im Portfoliomanagement und berücksichtigen diese Prinzipien im Asset- und Property-Management, damit auch Dienstleister die Nachhaltigkeitsziele der Immobilien-Fondsgesellschaften berücksichtigen.
- Nachhaltigkeitszertifikate als Nachweis nutzen
Nachhaltigkeitszertifikate machen die einzelnen Nachhaltigkeitsaspekte einer Immobilie für Immobilien-Fondsgesellschaften und Mieter transparent. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass Nachhaltigkeitszertifikate immer nur Anhaltspunkte sind, ohne das Alleinstellungsmerkmal für die Nachhaltigkeit einer Immobilie zu sein.

- nachhaltigkeitsrelevante Verbrauchs- und Gebäudedaten erfassen
Der Ausgangspunkt eines nachhaltigen Immobilienmanagements ist eine solide Datengrundlage hinsichtlich der Verbrauchsdaten sowie qualitativer Kriterien wie Nutzerkomfort und Barrierefreiheit. Damit erhöhen die Immobilien-Fondsgesellschaften die Transparenz der Rohdaten (z. B. Verbrauchsdaten, Gebäudeausstattung, Nutzungsinformationen), die in die Berechnung der Steuerungsgrößen eingehen. Bei entsprechender Größe des Portfolios bilden Immobilien-Fondsgesellschaften gegebenenfalls eigene Benchmarks, um Optimierungspotenziale zu erkennen und leiten hieraus objektspezifische Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsperformance ab.
- mit Ratingagenturen zusammenarbeiten
Fondsratings können Anlegern eine zuverlässige Hilfe für einen einfacheren und verbesserten Vergleich von Nachhaltigkeitsaspekten der Produkte bieten. Immobilien-Fondsgesellschaften sollten Ratingagenturen mit den benötigten Daten unterstützen.
- durch grüne Mietvertragsklauseln eine nachhaltige Ausstattung, Bewirtschaftung und Nutzung der Gebäudebestände anstreben
Zur nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung können auch sogenannte grüne Mietverträge beitragen. Dabei streben Immobilien-Fondsgesellschaften im Zuge der Vermietung an, aus einem breitgefächerten Katalog an potenziellen Klauseln grüner Mietverträge diejenigen in die Vereinbarungen mit dem Mieter aufzunehmen, die aufgrund der spezifischen Situation am besten geeignet sind, eine kontinuierliche Steigerung der Nachhaltigkeit des Gebäudes zu erreichen.
- Nachhaltigkeitsanspruch kommunizieren
Immobilien-Fondsgesellschaften informieren ihre Anleger und sonstigen Stakeholder über ihre Nachhaltigkeitsstrategie, Maßnahmen, Aktivitäten und Fortschritte. Dies kann im Internet oder durch die Veröffentlichung eines speziellen Nachhaltigkeitsberichts erfolgen. Hierbei orientieren sich Immobilien-Fondsgesellschaften an den Richtlinien der Global Reporting Initiative.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Immobilien-Fondsgesellschaften über den Kauf, die Errichtung und Bewirtschaftung von Immobilien sowie über die Weiterentwicklung von Immobilienbe-ständen einen erheblichen Einfluss auf den nachhaltigen Umgang mit der Umwelt haben. Die Leitlinien werden nicht „über Nacht“ umgesetzt werden können. Wichtig sind aber der ständige Dialog und die Weiterentwicklung durch die Immobilien-Fondsgesellschaften. Denn für die im BVI organisierten Immobilien-Fondsgesellschaften bedeutet nachhaltiges Immobilien-Portfoliomanagement Verantwortung und Zukunftsorientierung.
Ein Beitrag von:
Alexander Kestler, Direktor im BVI
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