Neuer EU-Standard für Immobilien
Die Europäische Union entwickelt eine neue Nachhaltigkeits-Taxonomie, die auch für Immobilien-Investments gelten soll. Demnach sollen zunächst die obersten 15 Prozent einer Gebäudeklasse in Bezug auf Energieeffizienz und Treibhausgasemission den Standard zur Bewertung bilden. Über die Folgen für das Immobilienportfolio von Union Investment spricht Jan von Mallinckrodt im Interview.
Was bedeutet die neue Nachhaltigkeits-Taxonomie der EU für die Immobilien-Assets von Union Investment?
Es gibt aktuell noch keine Hinweise darauf, wie die obersten 15 Prozent der Gebäudeklassen ermittelt werden sollen. Daher stehen dem Markt die notwendigen Vergleichsdaten nicht zur Verfügung und wir können nicht einschätzen, wie unser Immobilienportfolio in dieser Taxonomie abschneiden würde. Gleichwohl ist klar: Alle Marktteilnehmer, die das Pariser Klimaabkommen ernst nehmen und die Ziele des Deutschen Klimaschutzplans erreichen wollen, sollten mit oder ohne Taxonomie auf die Klimaneutralität ihres Immobilienportfolios bis zum Jahr 2050 hinarbeiten.

Inwiefern sind Sie heute bereits aktiv?
Union Investment sieht sich sowohl dem Pariser Klimaabkommen als auch dem Deutschen Klimaschutzplan verpflichtet und hat deshalb bereits im Herbst 2018 eine „Manage to Green“-Strategie für ihr gewerbliches Immobilienportfolio veröffentlicht. Diese Strategie setzen wir weiterhin um. Unser neues „atmosphere“-Label zum Beispiel zeigt in einer Kennzahl an, zu wieviel Prozent eine Gewerbeimmobilie oder ein Teilportfolio aus unserem Bestand die Klimaschutzziele bis zum Jahr 2030 erfüllt – und was noch zu tun ist.
Besteht die Gefahr von "Stranded Assets", indem Immobilien, die den hohen Standards nicht mehr entsprechen, an Wert verlieren?
Die Taxonomie soll auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhen und in erster Linie dabei helfen, sogenanntes Greenwashing zu vermeiden, um stattdessen echte nachhaltige Produkte für Anleger zu identifizieren. Die Gefahr von Stranded Assets sehen wir weniger durch die neue Taxonomie, sondern durch die Regulatorik einzelner Legislativen. In Deutschland ist beispielsweise das Klimaschutzgesetz zu nennen, dessen Bestimmungen jederzeit auch mit Sanktionsandrohungen verbunden werden könnten, wenn Bestandshalter ihr Portfolio nicht entlang des aufgezeigten Klimapfads weiterentwickeln. In den USA, Großbritannien und den Niederlanden etwa wurden bereits Gesetze verabschiedet, deren Missachtung klare klimapolitische Sanktionen zur Folge hat.

Welche Initiativen gibt es bereits im Immobilienmarkt, um der Gefahr von Stranded Asset entgegenzuwirken?
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) zum Beispiel arbeitet zusammen mit einem Beratungsunternehmen an einem Bewertungstool, um die Gefahr von Stranded Assets in der Bewertung von Immobilien abzubilden. Union Investment hat dieses Projekt in der Vergangenheit bereits mit Daten aus ihrem gewerblichen Immobilienbestand unterstützt. Klar ist, dass klimapolitische Risiken, die potenziell zu Stranded Assets führen könnten, in das klassische Risikomanagement integriert werden müssen.

Drohen im Zweifel nicht hohe Kosten, um Immobilien auf die gewünschten Standards zu bringen?
Der Kostendruck zur nachhaltigen Bestandsoptimierung ergibt sich weniger aus der Taxonomie als solches, sondern vielmehr aus den politisch vereinbarten Klimaschutzzielen bis 2050 sowie aus den jeweiligen Klimaschutzgesetzen der einzelnen Länder. Hinzu kommt, dass auch immer mehr Großunternehmen ambitionierte Nachhaltigkeitsziele verfolgen und vor diesem Hintergrund den Druck auf Flächenanbieter zur Optimierung von Immobilien erhöhen könnten.
Welchen Mehraufwand würde ein Taxonomie-Reporting für Sie mit sich bringen?
Union Investment erfasst heute bereits eine Vielzahl von Daten, die über die Nachhaltigkeit einer Gewerbeimmobilie oder eines Portfolios Auskunft geben, zum Beispiel im Rahmen des CSR-Berichts. Ein Taxonomie-Reporting würde den Aufwand daher voraussichtlich nur leicht erhöhen.