Zertifikate: Zeugnisse für nachhaltige Immobilien
Zertifikate leisten einen Beitrag zur Transparenz. Ihre Aussagekraft ist aber begrenzt. Und auch Gebäude ohne Gütesiegel können nachhaltig sein.
Zertifizierungen nehmen zu
Die Zahl der als nachhaltig zertifizierten Gebäude ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen und wird nach Einschätzung nahezu aller Marktteilnehmer weiter zunehmen. Zertifikate werden in der Immobilienbranche grundsätzlich als sinnvoll angesehen und häufig auch von Mietern verlangt. Für Ratingagenturen und andere Stakeholder sind sie mitunter die erste und manchmal auch einzige Möglichkeit, etwas über den Nachhaltigkeitsstandard eines Gebäudes zu erfahren.
Unterschiedliche Standards
National und international existieren heute zahlreiche Nachhaltigkeitszertifikate nebeneinander, mit unterschiedlicher Verbreitung und uneinheitlichen Maßstäben. Es ist daher schwer und kaum sinnvoll, unterschiedlich zertifizierte Gebäude nur an Hand verliehener Gütesiegel zu vergleichen. Zu beachten sind dabei auch die international sehr unterschiedlichen Baustandards. Was in einem Land als vorbildlich ausgezeichnet wird, ist in Deutschland vielleicht längst normaler Standard – auch ohne grünes Siegel.
Der weltweit verbreitetste Standard für „grüne“ Gebäude ist der amerikanische Leed (Leadership in Energy and Environmental Design), der mithilfe eine Punktesystems vier Stufen unterscheidet. Der älteste Standard stammt aus Großbritannien: Der Breeam (Building Research Establishment Environmental Assessment Method) ist schon seit 1990 auf dem Markt. Er unterscheidet fünf Stufen von Certified über Good, Very Good, Excellent bis zu Outstanding. International gebräuchlich ist zudem der australische Green Star, der umweltfreundliche Gebäude mit vier, fünf oder maximal sechs Sternen belohnt.

Deutsche Zertifikate
In Deutschland vergibt die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB seit 2009 das Deutsche Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen, das gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung entwickelt wurde. Ökologische, ökonomische und soziale Aspekte fließen in die Bewertung ein. Mitte 2015 waren schon mehr als 1100 Objekte zertifiziert, vorzertifiziert oder angemeldet.
Auch der TÜV Süd bietet mit SCoRE (Sustainability Scoring of Real Estate) ein eigenes Instrument an, das auf einer umfassenden Analyse von bis zu 150 Kriterien basiert. Faktoren wie Energieeffizienz, technische Qualität, Standort, Wassermanagement oder Bodenqualität spielen dabei eine Rolle.
Mehrwert umstritten
Umstritten ist, ob Zertifikate tatsächlich messbar zur Wertsteigerung eines einzelnen Objekts und damit möglicherweise eines Portfolios beitragen. Zwar zeigen Untersuchungen, dass mit beglaubigt nachhaltigen Gebäuden durchaus höhere Mieten erzielt werden. Allerdings handelt es sich dabei oft um ohnehin sehr hochwertige und gut vermietete Core-Immobilien, so dass nicht klar ist, ob die Zertifizierung hier noch einen zusätzlichen Nutzen brachte. Aus Investorensicht erscheint eine Zertifizierung mit Augenmaß sinnvoll, denn Kosten und Nutzen müssen in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Dies gilt insbesondere für Bestandsimmobilien, deren Zertifizierung oft einen erheblichen Umbau- und Investitionsbedarf bedeutet. Bei großen Neubauprojekten gehört eine Zertifizierung heute hingegen schon zum Standard.
Grüne Häuser auch ohne Zertifikat
Potenzielle Nutzer sollten sich bei der Bewertung eines Gebäudes nicht allein auf die Zertifizierung verlassen, sondern das Objekt sehr genau auf ihre konkreten Bedürfnisse hin evaluieren. Dabei ist es gut zu wissen, dass auch ein Gebäude ohne Zertifikat sehr wohl nachhaltig sein kann – mit allen praktischen Vorteilen, die damit verbunden sind.
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