ZIA: Task Force Energie setzt Impulse
Das Thema nachhaltige Immobilien steht derzeit weit oben auf der politischen Agenda in Europa. Die aktuelle Zielsetzung sieht vor, dass alle Neubauten ab dem Jahr 2021 nach dem sogenannten Niedrigstenergie-Gebäudestandard errichtet werden, um natürliche Ressourcen bestmöglich zu schonen.
Was Politik und Immobilienwirtschaft daher bewegt, ist die Frage, wann und wie dieser Niedrigstenergie-Standard zu erreichen ist. Schließlich kommen bei einer nachhaltigen Immobilie drei Aspekte zusammen: Wirtschaftlichkeit, Ökologie und die Einbindung in das gesellschaftliche Umfeld – und keiner dieser drei Punkte kann in der Gesamtbetrachtung vernachlässigt werden. Der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. nimmt als Interessensvertretung der deutschen Immobilienwirtschaft genau diese umfassende Perspektive ein. Im Rahmen einer Task Force Energie hat der Verband beim unabhängigen Experten Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch deshalb ein Gutachten in Auftrag gegeben, das ermitteln sollte, inwiefern die Anforderungen des Niedrigstenergie-Standards ab 2021 bereits durch die seit Januar 2016 verschärften Bestimmungen der deutschen Energieeinsparverordnung (EnEV) im Hinblick auf die Erfüllung der klimapolitischen Ziele erfüllt werden. Professor Fisch ist eine Ikone seines Fachbereichs und fungiert unter anderem als Direktor des Instituts für Gebäude- und Solartechnik an der Technischen Universität Braunschweig sowie als Direktor der EGS-plan Ingenieurgesellschaft für Energie-, Gebäude- und Solartechnik.
Ergebnisse des Gutachtens
Die Ergebnisse seines Gutachtens für Büros, Hotels und Shopping Center sind eindeutig und werden von der Task Force Energie des ZIA politisch vertreten: Werden die Anforderungen der EnEV von 2016 konsequent umgesetzt, so ist auch der politisch angestrebte Niedrigstenergie-Standard für 2021 bereits erfüllt. Eine weitere Verschärfung des baulichen Wärmeschutzes ist nach den gutachterlichen Untersuchungen von Prof. Fisch weder energie- noch klimapolitisch sinnvoll. Anstatt die baulichen Standards noch weiter anzuheben – und damit zusätzlich die Wirtschaftlichkeit eines Neubaus in Frage zu stellen – sollte die Immobilienwirtschaft andere, kreativere Möglichkeiten verfolgen, um die Ökobilanz der Branche zu verbessern. Schließlich wurde durch die EnEV 2016 der erlaubte Jahres-Energieprimärbedarf für Neubauten im Verhältnis zur vorherigen EnEV bereits um durchschnittlich 25 Prozent und der Richtwert für die Mindestwärmedämmung der Gebäudehülle um durchschnittlich 20 Prozent gesenkt - und das nicht zum ersten Mal. Seit 2009 wurden die Standards im Gebäudebereich bereits um 55 Prozent verschärft. Andere Sektoren wie Verkehr und Landwirtschaft haben klimapolitisch betrachtet weitaus größeren Nachholbedarf.
Professor Fisch kommt in seiner Bewertung zu einem klaren Schluss: „Der aktuell gültige Gebäude-Effizienzstandard, der aus den Auflagen der EnEV 2016 und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) hervorgeht, stellt bereits heute die absolute wirtschaftlich-technische Maximalanforderung an Bürogebäude dar“, sagt er und führt aus: „Weitere Verschärfungen würden einen Verstoß gegen das Gebot der Technologieoffenheit und Flexibilität darstellen.“ Der Begriff „Technologieoffenheit“ meint, dass die Nutzung bestimmter Technologien nicht gesetzlich vorgeschrieben werden darf. Nach Ansicht des Experten haben im Bereich der Shopping Center sogar bereits die Anforderungen der vorherigen EnEV 2009 die Grenzen dessen erreicht, was technisch und wirtschaftlich nachhaltig umsetzbar ist.

Entwicklung alternativer Möglichkeiten
Auf der Grundlage des externen Gutachtens erarbeitet die Task Force Energie des ZIA gleichzeitig alternative Möglichkeiten, wie bei einem gleichbleibend hohem Gebäudestandard nach EnEV 2016 die CO2-Emisisonen von Gewerbeimmobilien weiter gesenkt werden können. Ein Vorschlag der Task Force betrifft die vermehrte und verbindliche Nutzung von zertifiziertem Grünen Strom und Gas, deren Anteile dem Primärenergiebedarf einer Immobilie zugerechnet werden sollten. Darüber hinaus regt der ZIA an, nicht nur die Energiebilanz von einzelnen Gebäuden zu messen, sondern auch gesamte Quartiere und Smart-City-Projekte in die Bewertung einzubeziehen. Eigentümer und Vermieter dieser Quartiere erhielten dadurch mehr Flexibilität in ihren Planungen.
Außerdem weist der ZIA darauf hin, dass bestehende steuerliche Hemmnisse bei der Integration erneuerbarer Energien in Gewerbeimmobilien abgeschafft werden sollten. So könnten Vermieter erneuerbare Energie, zum Beispiel durch den Betrieb von Photovoltaik-Anlagen, direkt am Gebäude erzeugen und den Mietern zur Verfügung stellen. Perspektivisch wäre dadurch vorstellbar, dass Vermieter selbst zu Energieversorgern werden oder zumindest engere Kooperationen mit Energieversorgern eingehen könnten. Die Task Force Energie des ZIA wird diese und zahlreiche andere Punkte bei ihrer zukünftigen Arbeit weiter verfolgen.
Ein Beitrag von:
Thies Grothe, Abteilungsleiter Grundsatzfragen der Immobilienpolitik des ZIA
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